Überraschungscoup in der Regierung: Wano Merabischwili ist neuer Regierungschef

Ein Kommentar von Rainer Kaufmann   

Zeichnet sich da schon eine neue Macht-Konstellation in Georgien ab oder will die Regierung Oppositionsführer Bidzina Iwanischwili nur sozialpolitisch überholen? Diese Frage stellt sich nach den ersten programmatischen Äußerungen von Wano Merabischwili, dem bisherigen Innenminister, der gestern in einem Überraschungscoup von Präsident Michael Saakaschwili als neuer Premierminister eingesetzt wurde. Merabischwilis Programm, das er nach seiner Ernennung im Beisein Saakaschwilis vortrug, liest sich wie eine Wahlrede von Bidzina Iwanischwili, dem Oppositionsführer, den die Regierung mit allen  Mitteln zu bekämpfen versucht: Kampf gegen Armut und Arbeitslosigkeit, Gesundheitsvorsorge für alle, Förderung der Landwirtschaft und der ländlichen Räume. Mancher mag in diesem neuen Regierungs-Programm auch eine Auflistung der Versäumnisse der Regierungen Saakaschwili sehen, über die eine noch so ambitionierte landesweite Architektur-Offensive nicht hinwegtäuschen kann. Die spannende Frage, ob Präsident und Regierung verstanden haben oder ob der Premierwechsel nur ein wahltaktisches Manöver ist, wird wohl erst nach den Parlamentswahlen im Oktober beantwortet werden können. Sollte Iwanischwili mit seiner Parteien-Koalition „Georgischer Traum“ ein respektables oder gar überragendes Ergebnis erzielen, könnte es in Georgien vielleicht sogar zu einem neuen Macht-Tandem Merabischwili-Iwanischwili kommen, zumal das Amt des Premierministers durch eine Verfassungsänderung erheblich aufgewertet wurde zu Lasten des Präsidenten. Auszuschließen ist das nicht, sofern die Wählerinnen und Wähler beide mit einem Ergebnis auf Augenhöhe beschenken. So oder so: Der neue, mächtige Mann in der Regierungsschaltzentrale heißt Wano Merabischwili. Und damit sitzt dort jetzt der Mann, der dem Land in den letzten Jahren Sicherheit und innenpolitische Stabilität beschert hat, wofür er von Iwanischwili schon bei der Ankündigung seiner Kandidatur im letzten Jahr mehr als nur gelobt wurde. Es könnte sein, dass Saakaschwili mit dieser überraschenden Personalrochade das politische Feld für die Zeit nach ihm bereits bestellt hat. Denn bei der Präsidentenwahl im nächsten Jahr kann er nicht mehr antreten. Seine Amtszeit läuft nach zwei Wahlperioden aus. Vorher aber steht die demokratische Reifeprüfung für Regierende und Regierte, eine demokratisch saubere und faire Wahl.