Lob und Tadel für die georgische Kontrollkammer

Kontroverse Diskussion auf einem GIZ-Seminar zur georgischen Finanzkontrolle  

Dr. Matthias Mähring, Mitglied des Bundesrechnungshofes und seit Jahren GIZ-Kurzzeitexperte in Georgien, brachte es auf den Punkt: Er hätte sich gewünscht, die Prüfung der Parteienfinanzierung wäre an der georgischen Kontrollkammer vorübergegangen, da sie einen Schatten auf die ansonsten sehr positive Entwicklung dieser Institution geworfen hat. Lewan Beschaschwili, der Vorsitzende der Kontrollkammer, saß derweil im Publikum und stimmte mit heftigem Kopfnicken zu. Auch er ist mit der umstrittenen Aufgabe, das Finanzgebaren der Parteien kontrollieren zu dürfen, nicht eben glücklich. Aber, so Beschaschwili in seiner Antwort: Der Gesetzgeber hat das so entschieden, die Kammer hatte keine Einflussmöglichkeit und muss diese Entscheidung achten und als „Bewährungsprobe für die Demokratie“ annehmen.

Ein kurzer Rückblick auf die Entwicklung: Seit neun Jahren unterstützt die GIZ (Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit) die Reform-Bestrebungen der obersten Rechnungskontrolle Georgiens, der Kontrollkammer. Das frühere korrupte und willkürlich agierende Bestrafungsorgan ist auf dem Wege zu einem modernen, nach internationalen Standards ausgerichteten Prüfungs- und Kontrollinstitut, das sich mittlerweile den Ruf der Unabhängigkeit erarbeitet hat. Wichtigster Meilenstein auf diesem Weg war die Anfang Dezember letzten Jahres erlassene Novellierung des Kontrollkammergesetzes, das mit erheblicher Beratung durch die GIZ die rechtlichen Grundlagen für eine moderne und unabhängige Kontrollkammer schuf, ein wichtiger Eckpfeiler guter Regierungsführung, wie deutsche und georgische Experten auf dieser Konferenz einhellig erklärten.

Dass es jetzt aber hitzige Diskussionen in georgischen und internationalen Medien über die Rolle der Kontrollkammer gibt, liegt an einer zweiten Gesetzesänderung, die Ende Dezember letzten Jahres in Windeseile durch das Parlament gepeitscht worden war. Es handelt sich um eine Änderung des Parteiengesetzes, mit dem der Kontrollkammer nicht nur die Prüfung der Parteienfinanzierung sondern auch die Sanktionierung von festgestellten Verstößen übertragen wurde. In einer rasch aufgestellten neuen Abteilung hat sich die Kontrollkammer dieser Aufgabe mit bemerkenswerter Energie angenommen und sich damit den Vorwurf eingehandelt, sich von der Regierungsmehrheit im (Wahl-) Kampf gegen die Opposition missbrauchen zu lassen.

Tamar Tschuchoschwili von der „Georgian Young Lawyers Association” (GYLA), die seit Ende der Sowjetzeit einen guten Ruf als rechtsstaatliche Watchdog-Organisation besitzt, beschuldigte die Kontrollkammer erheblicher Auswüchse und Rechtsverletzungen bei der Erfüllung dieser neuen Aufgabe. Die Kontrollkammer, die auch aus der Sicht der GYLA einen bemerkenswerten Reformprozess durchgemacht und sich dadurch viel Vertrauen erworben hat, gebärde sich wieder als politisches Straforgan, das nicht davor zurückschreckt, Bürger auch mit politischen Gesinnungsfragen zu konfrontieren. Tschuchoschwili forderte unabhängige Untersuchungen dieser zweifelhaften Vorgänge und vor allem eine klare Bestrafung der Schuldigen, damit die Kontrollkammer ihren guten Ruf wieder herstellen könne. Sie forderte auch eine erneute Novellierung des Parteiengesetzes, mit der die  Befugnisse der Kontrollkammer klarer eingegrenzt werden sollen. Eine solche Novellierung  wird in den entsprechenden Parlamentsausschüssen bereits diskutiert. Anscheinend ist der Gesetzgeber bereit, aus den Auswüchsen des letzten Vierteljahres, die auch der Präsident der Kontrollkammer einräumte, Lehren zu ziehen.

Trotz dieser Kontroverse, die notwendig war und niemanden überraschte angesichts der Zusammensetzung der Diskussions-Podien, wollten auch die Kritiker aus den Reihen der Zivilgesellschaft das nicht klein reden, was in den letzten Jahren erreicht wurde: die Kontrollkammer als ein unabhängiges Organ, das ohne äußeren Einfluss sein Prüfungsprogramm eigenständig gestaltet und die Ergebnisse dieser Prüfungen nach eigenem Ermessen publiziert. Auch aus diesem Grunde hat die GIZ trotz aller kritischen Einwände in Sachen Parteien-Finanzkontrolle eine Fortsetzung des Engagements zugesagt. Das bis jetzt bilaterale Vorhaben soll wie schon länger geplant in ein regionales Programm „Management öffentlicher Finanzen im Südkaukasus“ überführt werden, um auch weitere Aspekte einer an Transparenz und Wirtschaftlichkeit orientierten öffentlichen Finanzordnung aufgreifen zu können. Warum sich die Kontrollkammer diese Eigenständigkeit in ihrer jüngsten Abteilung Parteienfinanzierung anscheinend hat nehmen lassen, wurde bei der Diskussion nicht thematisiert.