Im Prinzip ja, aber….

Betrachtungen zum offiziellen Besuch Irakli Gharibaschwilis bei Angela Merkel

Es war – wieder einmal – einer der berühmten Nebensätze Angela Merkels, mit dem sie eine Angelegenheit in eine ganz andere Richtung führte, als zuvor wortreich verkündet. Nachdem sich der georgische Ministerpräsident der vollen Unterstützung der deutschen Kanzlerin bei der Unterzeichnung des EU-Assoziierungsabkommen freuen durfte, kam Merkels unscheinbar-klares Aber: Sie begrüßte, dass Georgien neben seiner EU-Integration dabei sei, seine Beziehungen zu Russland Schritt für Schritt zu regulieren. „Wir sehen, dass Georgien in beide Richtungen arbeitet.“ Ein Wink mit dem Zaunpfahl, bevor am 27. Juni das Meilensteinabkommen Georgiens unterzeichnet wird?

Zuvor hatte sich der tschechische EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle ganz anders geäußert. Er forderte langfristig eine volle Mitgliedschaft Georgiens, Moldawiens und der Ukraine in der EU als Antwort auf die Gründung der Eurasischen Union durch Russland, Weißrussland und Kasachstan. „Wenn wir ernst damit machen wollen, die Länder in Osteuropa zu transformieren, dann müssen wir auch ernsthaft das mächtigste Instrument, das wir zur Umgestaltung haben, nutzen: die Erweiterung der EU“.

Das gleiche Szenario zum Thema NATO-Beitritt Georgiens. Während die Parlamentarische Versammlung der NATO-Mitgliedsstaaten kurz zuvor noch mehrheitlich gefordert hatte, Georgien, Moldawien und der Ukraine auf dem NATO-Gipfel in Wales im Herbst den so genannten Membership Action Plan (MAP) zu gewähren, erklärte Angela Merkel kurz und knapp: „Ich denke, das wird kein Thema auf dem nächsten NATO-Gipfel sein.“ Es gäbe andere Möglichkeiten, die anerkennenswerten Fortschritte Georgiens in Richtung NATO-Integration zu würdigen. Eine Position, die sogar Anders Fogh Rasmussen, der NATO-Generalsekretär, mittlerweile übernommen hat. Bei einem internationalen Sicherheitsforum in Breslau erklärte er auf die Frage eines russischen Journalisten: „Wir werden unsere Politik der offenen Tür klar zum Ausdruck bringen, aber es ist jetzt zu früh, zu sagen, wie das exakt aussehen soll.“

Die georgische Außenministerin Maia Pandschikidse, die ihren Premier auf seinem Besuch in Berlin begleitete, bestätigte das diplomatische Ringen hinter den Kulissen. Laut Maia Pandschikidse habe man mit der deutschen Kanzlerin diesen anderen Weg besprochen, wobei sie keinen Zweifel daran ließ, dass es sich dabei um eine adäquate Anerkennung der georgischen Erfolge handeln werde. Auch der Anerkennung georgischer Erfolge im Verhältnis zu Russland? Es geht wohl darum, Georgien gegenüber ein positives Zeichen zu setzen, das so gestaltet sein muss, dass es keine Gegenreaktion Moskaus provoziert.

Es war wieder Angela Merkel, die bei dem internationalen Pressekonferenzen-Marathon ganz nebenbei ein weiteres wichtiges Signal aussendete. Auf die Frage eines georgischen Journalisten, ob die NATO nicht Russland zu künftigen Aggressionen einlade, wenn sie auf weiter reichende Schritte verzichte, erklärte die Kanzerlin: „Ich denke nicht, dass jedwede Entscheidung von Russland als grünes Licht für weitere Aggressionen betrachtet werden kann. Ich denke im Gegenteil, dass wir alles unterstützen sollten, was zu einer Intensivierung der Beziehungen führt.“

Auf dem D-Day-Gedenktag am 6. Juni wollte sich Angela Merkel auch mit Wladimir Putin zu einem Vier-Augen-Gespräch treffen. Möglicherweise eine günstige Gelegenheit, etwas für die georgisch-russischen Beziehungen zu tun und den öffentlichen Bekundungen Taten folgen zu lassen. Georgien wartet auf den nächsten Nebensatz der deutschen Kanzlerin.
Rainer Kaufmann