25 Profis und 300 Amateure

Frauenfußball in Georgien    

Von Daniel Nitsch     

Dass Fußball kein reiner Männersport mehr ist, ist in Europa nicht mehr besonders erwähnenswert. Doch in Georgien sind die Geschlechterrollen noch relativ stark einzementiert. Zur Fußball-Europameisterschaft in der Ukraine und in Polen hat die Kaukasische Post über den Zustand des Damenfußballes in Georgien nachgefragt und ein Gespräch mit der Präsidentin des Georgischen Frauenfußballverbandes, Nino Sordia, geführt.

Zuerst die Eckdaten: Der Frauenfußball in Georgien ist in einer Unterabteilung des Georgischen Fußballverbandes organisiert. Etwa 25 Damen sind dort als Profispielerinnen gemeldet, wobei die meisten davon im Ausland tätig sind. Weitere 300 Spielerinnen werden als Amateure geführt.

Diese Zahlen sind im Vergleich mit den führenden Nationen im Damenfußball, wie Deutschland oder den USA – wo Fußball unter Frauen sogar beliebter ist als unter Männern – nur sehr gering. Nino Sordia sieht dafür einen Hauptgrund: Frauenfußball hat in Georgien keine Tradition, bzw. wird er als nur schlecht mit der Georgischen Kultur kompatibel angesehen. Außerdem wird Frauenfußball in Georgien erst seit wenigen Jahren aktiv gefördert.

Diese Geschichte erinnert jedoch durchaus an die Schwierigkeiten des Frauenfußballs in Europa vor einigen Jahrzehnten. In der Bundesrepublik Deutschland beispielsweise wurde Fußball, speziell nach dem Gewinn des Weltmeistertitels 1954, auch unter Frauen sehr populär, zahlreiche Hobbyteams wurden gegründet. Doch 1955 beschloss der DFB, den Frauenfußball zu verbieten, da „diese Kampfsportart der Natur des Weibes im Wesentlichen fremd ist“, „Körper und Seele erleiden unweigerlich Schaden“, und das „Zuschaustellen des Körpers verletzte Schicklichkeit und Anstand…“. Zudem wurde vom DFB eine angeblich schädliche Wirkung des Sportes auf die Gebärfähigkeit genannt. Erst in den 1970er-Jahren wurde es Damen wieder erlaubt, sich im DFB verbandsmäßig zu organisieren, der große Durchbruch zur Weltspitze erfolgte dann in den 1980er- und 1990er-Jahren.

In der Sowjetzeit wurde der Frauenfußball jedoch erst in der Spätphase gefördert. Erst 1991 nahmen die Sowjetischen Damen an Turnierbewerben teil, davor wurden nur Freundschaftsspiele bestritten. Nachdem die Sowjetunion kurz darauf zerfiel und Georgien, wie auch einige andere Nachfolgestaaten danach andere Sorgen hatten, geriet der Frauenfußball wieder in Vergessenheit.

Doch seit einigen Jahren wird auch in Georgien der Frauenfußball aktiv gefördert. Der Frauenfußballverband veranstaltet regelmäßig Kleinturniere für Hobbyteams, 2012 wird auch erstmals ein Schulturnier in acht Regionen mit etwa 700 Spielerinnen durchgeführt werden. Das soll helfen, den Sport speziell bei jungen Mädchen populär zu machen.
Inzwischen wurde auch ein Übereinkommen mit den Vereinen der obersten Georgischen Liga getroffen, dass jeder Verein auch ein Damenteam einrichten soll. Doch die Umsetzung wurde, mit Ausnahme von Dila Gori, noch nicht begonnen. Gori ist dabei besonders erwähnenswert, da dort auch eine Fußballschule für Mädchen eröffnet wurde.

Derzeit gibt es zwei Nationalteams, eine A-Auswahl sowie eine U17-Auswahl. Georgien belegt derzeit Platz 113 in der FIFA-Weltrangliste und das A-Team nimmt erst seit 1997 an den Qualifikationen für internationale Wettbewerbe teil, konnte sich jedoch bisher noch für keinen Bewerb qualifizieren. Das erste Pflichtspiel gegen Jugoslawien ging mit 0:11 verloren, der erste Sieg konnte erst 2009 gegen Mazedonien (3:1) eingefahren werden. Die höchste Niederlage setzte es bei der Qualifikation für die WM 2011, bei der die georgischen Damen als Gruppenletzte ausschieden, mit einem 0:15-Debakel gegen Dänemark.

Was jedoch dem Frauenfußball in Georgien einen wirklichen Popularitätsschub geben könnte, beantwortet Nino Sordia ohne zu zögern: Die nationale Meisterschaft muss besser organisiert und konstanter werden.

Die Damenfußballmeisterschaft findet derzeit jährlich in den Monaten Juli und August statt. Geprägt ist sie durch eine ständig wechselnde Zahl von Teams. Für heuer werden acht Teams erwartet, erhofft werden noch ein paar mehr. Titelverteidiger ist übrigens Nortschi Dinamo Tbilissi.

Finanzielle Unterstützung bei den Bemühungen erhält der Frauenfußballverband vor allem aus den Fördertöpfen der FIFA und UEFA. Ob die mögliche Kandidatur von Georgien, gemeinsam mit Aserbaidschan, für die Euro 2020 Fußball für mehr Frauen und Mädchen in Georgien interessant machen könnte, verneinte Nino Sordia jedoch. Das ist noch zu weit weg.