Gesundes Trinkwasser in Batumi

Größtes kfw-Projekt in der Region beschert Batumi erstmals in der Geschichte eine saubere Wasserversorgung   

Es sollte der Anfang vom großen Tourismus in Georgien sein, als vor etwa 15 Jahren ein Experten-Team der TUI das touristische Potential Georgiens vor Ort untersuchte. Mit einem großen Bahnhof samt Empfang beim georgischen Staatspräsidenten Eduard Schewardnadse und begleitet von hoffnungsfrohen Lobgesängen der georgischen Medien. Die Mission war aber schneller beendet als die Gastgeber es damals wahrhaben wollten. Eine Analyse des Badewassers an den Schwarzmeerstränden Georgiens reichte aus, um alle weiteren Planungen des Reise-Konzerns in Georgien zu den Akten zu legen.

Der Hintergrund: Sofern die UdSSR überhaupt eine Infrastruktur in Abwasser- und Müllentsorgung hinterlassen hatte, war diese in einem nahezu unbeschreibbaren Zustand, was die vorsichtshalber nie veröffentlichten Badewasseranalysen der TUI damals eindrucksvoll belegten.

Insbesondere in Batumi, das sich heute gerne als Perle des Schwarzen Meeres verkauft, und den angrenzenden Badeorten war die Situation der Wasser- und Abwasser-Infrastruktur mehr als desaströs. Die rund 120.000 Einwohner der adscharischen Hauptstadt hatten sich daran gewöhnt, dass zum Beispiel bei schweren Regenfällen die Wasserversorgung vollkommen abgestellt wurde. Das von den Bergen kommende Druckwasser gelangte in die kommunale Wasserversorgung und machte das qualitativ ohnehin schlechte Trinkwasser der Stadt für den menschlichen Verzehr völlig unbrauchbar. Die meisten Bewohner Batumis wussten sich mit elektrischen Hauspumpen und einem eigenen Brunnen zu behelfen, eine teure Lösung. Wenn dann noch stundenlang der Strom ausfiel, war die Katastrophe perfekt.

Nicht besser sah es bei der Abwasserentsorgung aus. Das aus der Sowjetzeit geerbte System war marode und konnte – wie auch die Trinkwasserversorgung – infolge der schlechten Zahlungsmoral der Verbraucher nicht annähernd vernünftig unterhalten werden. Ein Teufelskreis. Das Abwasser wurde ungeklärt ins Schwarze Meer geleitet, das auch heute noch die Abwasserfracht aus ganz Westgeorgien verkraften muss. Und die städtischen Reparaturtrupps wurden der vielen Lecks im Versorgungs- und Entsorgungssystem niemals Herr. Bis zu 50 mal am Tag mussten sie ausrücken, um irgendwo, irgendwie ein Loch zu stopfen, was dann andernorts sofort ein neues Loch erzeugte.

Die Situation in Batumi hat sich mittlerweile grundlegend gewandelt. Die neu gegründete kommunale Wasser- und Abwassergesellschaft  Batumi Tskali – die frühere Gesellschaft war selbstredend bankrott – hat in den letzten Jahren die ganze Stadt aufgegraben und ein neues Wasserver- und entsorgungssystem verlegt. Marode Leitungen wurden ausgetauscht, die Wasseraufbereitung wurde saniert und in allen Haushaltungen wurden Wasserzähler installiert. Außerdem wurde ein neues Klärwerk gebaut. Seit Mitte des letzten Jahres haben die Einwohner der Altstadt von Batumi zum ersten Mal in der Geschichte der Stadt hygienisch einwandfreies Trinkwasser, die restlichen Stadtteile sollen folgen, für das auch entsprechend bezahlt werden muss.
Und vor wenigen Wochen ging auch die erste Stufe der neuen Kläranlage, die mechanische Klärung, ans Netz. Erstmals seit Jahrzehnten wird das Abwasser von Batumi zumindest teilweise geklärt ins Schwarze Meer geleitet. An der biologischen Stufe wird derzeit noch gearbeitet, sie soll im Sommer in Betrieb gehen. Das Regenwasser, das bei den schweren Gewitterregen in der subtropischen Zone regelmäßig ein Versorgungschaos verursachte, wird in einem eigenen Kanalsystem direkt ins Schwarze Meer geleitet.

Die technischen Daten der gesamten Baumaßnahme sind beeindruckend:
100 km Wasserleitung wurden verlegt;
– zwei Hochbehälter mit je 10.000 Kubikmeter Fassungsvermögen wurden angelegt;
– die neue Brauchwasseraufbereitungsanlage hat eine Leistung von 200 Litern pro Sekunde;
– das neue Trinkwasserpumpwerk leistet 700 Liter pro Sekunde;
– eine 40 Kilometer lange Trinkwassertransportleitung von der Aufbereitungsanlage bis zur Stadt musste verlegt werden;
– 68 Kilometer Kanalisation wurden saniert und ausgebaut;
– zwei Abwasserpumpstationen mit einer Leistung von je 800 Litern pro Sekunde wurden gebaut;
– die vollbiologischen Kläranlage ist auf 200.000 Einwohner ausgerichtet;
– 14,6 Kilometer an Schmutzwasserkanälen und 13,6 Kilometer an Abwasserdruckleitungen wurden verlegt;
sieben Abwasserpumpstationen wurden eingerichtet;
– eine 450 Meter lange Brückenaufhängung wurde installiert.

Batumi ist somit die erste Stadt im Südkaukasus, die in Kürze eine moderne, internationalen Standards entsprechende Wasserversorgung und Abwasserentsorgung vorweisen kann. Möglich wurde diese Entwicklung  durch das finanzielle Engagement der Bundesrepublik Deutschland. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) finanziert das Projekt mit insgesamt 110 Millionen Euro, ausgelegt durch die kfw Entwicklungsbank (Kreditanstalt für Wiederaufbau). Mit Unterstützung der EU-Kommission sollen später auch die umliegenden Küstendörfer an das neue System angeschlossen werden, ein wichtiger Beitrag vor allem für die fragile Umweltsituation an der Schwarzmeerküste.
Damit die sanierten Anlagen später auch nachhaltig betrieben werden können, wurde die jeweils nächste Sanierungsphase erst begonnen, wenn bestimmte technische, finanzielle und administrative Voraussetzungen erfüllt waren. Das bedeutet auch, dass die Bevölkerung den neuen kommunalen Service akzeptiert, indem sie die Gebühren für Wasser und Abwasser bezahlt und damit die Kosten für diese Verbesserung ihrer Lebenssituation deckt. Allein 1,6 Millionen Euro gewährte die kfw als verlorenen Zuschuss für die hierfür notwendige Öffentlichkeitsarbeit und die Schulung der Mitarbeiter der Gemeinde und des Wasserwerks in technischen und organisatorischen Belangen.

Beide Großinvestitionen sind Voraussetzung dafür, dass Batumi seine ehrgeizigen kommunalen Entwicklungsziele erreicht. Denn die Stadt soll zum wichtigsten Tourismuszentrum an der Ostküste des Schwarzen Meeres ausgebaut werden. In den letzten fünf Jahren schon wurden enorme Summen in große Hotels samt entsprechenden touristischen Angeboten investiert. Weitere Hotel- und Tourismus-Projekte sind im Entstehen. Dank dieser Entwicklung sind die Zeiten wohl sicher vorbei, in denen, wie noch im letzten Jahr geschehen, Hotelbesucher in Batumi über Internet-Netzwerke vor dem Besuch eines Hotels warnten: „Kein fließendes Wasser im Hotel.“ Geschehen mit einem Hotel, dessen Einzelzimmer im Internet mit 350 GEL pro Nacht angepriesen wird.

IWA-Auszeichnung für Batumi Tskali
Der kommunale Wasserversorger Batumi Tskali wurde von der IWA (International Water Association) mit dem IWA Projects Innovation Award ausgezeichnet und zwar für seine herausragende Leistung auf dem Gebiet der Gebührenabrechnung.