Ziel erreicht oder verfehlt?

Aktueller Kommentar zur Deutschen Woche in Tiflis     

Wäre weniger vielleicht mehr gewesen? Diese Frage muss nach der Deutschen Woche des Jahres 2012 in Tiflis gestellt werden. Laut Programmheft waren es über 40 Einzelveranstaltungen an fünf Tagen. In Zahlen liest sich das Unternehmen „Deutsche Image-Kampagne“ also ausgezeichnet. Und sicher werden auch entsprechende Berichte in die Heimat gekabelt.

Vor Ort besehen müssen doch einige Zweifel angemeldet werden. Wenn es das Ziel war, die umfangreichen Aktivitäten deutscher Institutionen einmal im Jahr in konzentrierter Form der georgischen Öffentlichkeit zu präsentieren, dann muss sich das Ergebnis an diesem Anspruch messen lassen. Viele Veranstaltungen fanden fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt,  zumindest der georgischen, bei anderen suchte man vergebens nach wenigstens einem respektablen Gast aus dem Umfeld der georgischen Politik, der signalisiert hätte, dass dieses deutsch-georgische Event auch auf der Gegenseite auf eine gewisse Beachtung gestoßen wäre. Die meisten Veranstaltungen kamen über eine deutsch-georgische Insider-Selbstbespiegelung nicht hinaus.

Zu fragen ist vor allem: Wurden die Instrumente der Öffentlichkeitsarbeit zielführend und vor allem auch rechtzeitig eingesetzt? Reicht es aus, wenige Tage vor Beginn der Veranstaltung eine Webseite mit dem Programm ins Netz zu stellen und einen Katalog aus der Druckerei zu holen, der nicht mehr rechtzeitig verteilt werden konnte? 3.555 Besucher erreicht die Webseite im Laufe der Woche, ein Großteil der Webseiten-Besucher kam über Facebook (Quelle: Deutsche Botschaft!!!!). Interessant wäre, zu erfahren, aus welchen Erdteilen diese Besucher alle stammen. Aus Tiflis ganz sicher die wenigsten. Denn in Tiflis wusste kaum jemand etwas von der Deutschen Woche: Keine Plakate, keine Werbung, keine hinreichende Information der Presse. Nur Facebook, Placebo-Werbung.mehr nicht.

Die Folge: ein durchaus bescheidenes Interesse der Öffentlichkeit und der georgischen Medien. Der Medien-Spiegel, sicher Bestandteil eines jeden Rechenschaftsberichts in der Heimat, dürfte recht dünn ausfallen. Hat sich der ganze Aufwand dann wirklich gelohnt? Es geht – ganz nebenbei – auch um das Geld des deutschen Steuerzahlers, das fern der Heimat ohne die zu Hause üblichen Kontrollmechanismen ausgegeben wird.

Als Höhepunkt der Woche bezeichnete die Botschaft das Abschlussfest im Goethe-Institut, das nur deshalb so gut besucht war, weil man in der Nacht das „Dahoam“-Endspiel des FC-Bayern übertrug. Public Viewing als Höhepunkt der deutschen Woche in Tiflis. Vernichtender kann ein Urteil nicht sein. Quelle, wie gesagt: Deutsche Botschaft.

Was ist zu tun, damit der immense Organisationsaufwand einer solchen Woche, von vielen Institutionen und Personen getragen, im nächsten Jahr mehr Früchte abwirft als in diesem? Die Verantwortlichen in Tiflis und ihre entsendende Behörde in Berlin werden um eine offene und vor allem selbstkritische Bestandsaufnahme nicht herumkommen. Orientierung könnte Fritz Pleitgen bieten mit seinem Podiumsschlusswort: „Es war ausgezeichnet, aber vieles muss anders werden.“

Rainer Kaufmann

Mehr Kritiken, Berichte und Fotos von der Deutschen Woche in der nächsten Print-Ausgabe der Kaukasischen Post Anfang Juni.