Lado Tschanturia: Duale Ausbildung muss kommen

Der georgische Botschafter sprach vor deutschen Unternehmern in Tiflis

Die mangelnde Berufsausbildung in seinem Land bezeichnete der georgische Botschafter in Deutschland, Lado Tschanturia, als eines der wesentlichen Hindernisse für eine Ausweitung deutscher Investitionen in Georgien. Tschanturia streifte zwar auf der Jahresversammlung der Deutschen Wirtschaftsvereinigung/Georgien (DWV) vor zahlreichen Vertretern der deutsch-georgischen Unternehmerszene in Tiflis die gesamte Bandbreite der derzeitigen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und Georgien, widmete sich allerdings recht ausführlich seinem Lieblingsprojekt Berufsausbildung. Mit der Deindustrialisierung infolge des Zusammenbruchs der Sowjetunion sei die praktische Berufsausbildung ebenfalls zusammengebrochen, erklärte er den historischen Hintergrund der Situation. Da es in den Folgejahren kaum Arbeitsplätze gab, wenig Handwerk, wenig Produktion, habe man auch das Thema Berufsausbildung total vernachlässigt. Tschanturia, das ist in Deutschland bestens bekannt, bemüht sich, wann immer er kann, dieses Thema anzusprechen, Kontakte zwischen georgischen Regierungsstellen und deutschen, sowie deutschen Handels- und Handwerkskammern herzustellen. Unzählige gegenseitige Besuche habe es gegeben und die Bundesregierung habe mit einigen Spezialisten und Beratern vor Ort in Georgien viel dazu beigetragen, dass der georgische Ministerpräsident, Giorgi Kwirikaschwili, vor Kurzem erklärte, das deutsche Duale System sei Vorbild für die längst überfällige Reform der georgischen Berufsausbildung. Bei dem geplanten Berlin-Besuch des georgischen Regierungschef im Juni diesen Jahres wollten beide Regierungen schließlich ein dementsprechendes Memorandum unterzeichnen. Und mit einem knitzen Lächeln erklärte der Jurist, der das Glück hat, sein Heimatland Georgien in seiner „zweiten Heimat“ Deutschland vertreten zu dürfen, vielleicht solle er selbst die Juristerei aufgeben und sich ganz der Berufsausbildung in Georgien verschreiben. Dabei war es vor allem, der in den ersten Jahren der Schewardnadse-Regierung im Land einen guten Teil deutscher Rechtskultur einführte. Das sollte eigentlich deutschen Investoren eine Motivation sein, sich in Georgien zu engagieren, da man sich im wirtschaftlichen Alltag mit deutschen Unternehmererfahrungen hier durchaus heimisch fühlen kann.

Tschanturia attestierte dem deutsch-georgischen Handelsvolumen durchaus „Spielräume nach oben“ und bedauerte, dass der Handel mit Deutschland etwa dem Georgiens mit seinem Nachbarland Armenien entspräche. Die deutsche Wirtschaft  sei in Georgien nicht so stark vertreten wie man das gerne sehen wolle. Ganz im Gegenteil zu seiner Erfahrung im Kulturbetrieb Deutschlands. In fast jeder deutschen Oper singe, spiele oder tanze jemand aus Georgien. „Wir haben also nicht nur Kriminelle in Deutschland“ – ein kurzer Seitenhieb auf die aktuelle Diskussion im Zusammenhang mit georgischen Asylanten.

Tschanturia gab auch einen Ausblick auf der große deutsch-georgische Super-Jahr, das vom Frühjahr 2017 bis zum Herbst 2018 geplant ist. Der Anlässe gibt es genügend: 2012 eröffnete der gerade verstorbene Außenminister Hans-Dietrich Genscher die erste europäische Botschaft im gerade unabhängig gewordenen Georgien. Hundert Jahre zuvor habe das Deutsche Reich am 28. Mai 1918 die erste georgische Republik als erstes Land anerkannt, die gerade am 26. Mai 2018 gegründet worden war. Vor 200 Jahren haben schwäbische Siedler die ersten Dörfer Georgien gegründet. Und schließlich – deshalb dauert das Jubiläumsjahr auch fast zwei Jahre – im Oktober 2018 wird Georgien Ehrengast auf der Frankfurter Buchmesse sein. „Eine Ehre, aber auch eine große Herausforderung für mein Land.“