Georgisch-Augsburger Politkrimi

Noch immer: Viele ungeklärte Fragen zum Rücktritt des georgischen Generalstaatsanwalts
Das gab es noch nie. Eine eher untergeordnete georgische Regierungs-Personalie in der Tageszeitung einer deutschen Provinz-Großstadt. Am 25. Januar titelte die Augsburger Allgemeine: „Wegen Verurteilung in Augsburg – Georgiens Chefankläger muss zurücktreten“. Der Artikel stand unter der bezeichnenden Rubrik: Politkrimi. Ein georgischer Politkrimi des Jahres 2013 also, der im Jahr 2001 in Augsburg begann. Damals, so die bayerische Zeitung, verurteile das Amtsgericht Augsburg den georgischen Staatsbürger Otar Partschaladse zu einer Haftstrafe einem Jahr und drei Monaten ohne Bewährung, die er zumindest teilweise in der Strafanstalt Augsburg verbüßt haben muss. Beste Voraussetzungen zur Berufung als Generalstaatsanwalt, die am 21. November 2013 erfolgte. Am 30. Dezember schon, trat Partschaladse wegen der Augsburger Vorstrafe zurück.

Bekannt wurde das kriminelle Vorleben des Chefaufklärers am 23. Dezember in einer Pressekonferenz des suspendierten Tifliser Oberbürgermeisters Gigi Ugulawa, der sich seinerseits wegen des Verdachts, zig Millionen städtischer Gelder veruntreut zu haben, einer Anklage der Staatsanwaltschaft gegenüber sieht und auf seinen Prozess wartet. Ugulawa veröffentlichte, ohne genaue Quellen zu benennen, das entsprechende Aktenzeichen und die Paragraphen 249 (Raub) und 252 (Räuberischer Diebstahl) des deutschen Strafgesetzbuches, nach denen Partschaladse verurteilt wurde. Neben der Gefängnisstrafe soll er nach Ugulawa auch noch zum Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte verurteilt worden sein, was allerdings nur Sinn machen kann, wenn Partschaladse damals die deutsche Staatsbürgerschaft besessen haben sollte.

Nach anfänglichem Leugnen gestand der Generalstaatsanwalt am 30. Dezember seine Verfehlungen von Augsburg ein, spielte den Vorgang allerdings nur auf ein Delikt herunter, das man als Widerstand gegen die Staatsgewalt beschreiben könnte. Mehr als eine verbale Auseinandersetzung mit einem Polizisten, der ihn zu Unrecht einer Mittäterschaft an einem Raubüberfall bezichtigte, habe er sich nicht zuschulden kommen lassen. Wie man für verbale Auseinandersetzung mit der Polizei allerdings von einem deutschen Gericht eine Haftstrafe aufgebrummt bekommt, hat Partschaladse nicht erklärt. Allerdings lässt der § 252 STGB, nach dem Partschaladse nach Aussagen Ugulawas verurteilt wurde, den Schluss zu, dass er bei dem Diebstahl auf frischer Tat ertappt worden sein muss und dabei „gegen eine Person Gewalt verübt oder Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben anwendet (hat), um sich im Besitz des gestohlenen Gutes zu erhalten“ (Zitat Strafgesetzbuch).

Die KaPost wollte mehr über diesen Augsburger-Tifliser Politkrimi wissen und versuchte, über die Augsburger Justizbehörden mehr zu dem Urteil vom März 2001 zu erfahren. Bei mehrfachen schriftlichen wie telefonischen Versuchen erhielten wir von der Staatsanwaltschaft Augsburg die Auskunft, keine Auskunft zu erhalten und dies aus Gründen des Personenschutzes.

Somit bleibt derzeit, neben dem Teilgeständnis und Rücktritt Partschaladses, nur ein in georgischen Internet-Netzwerken veröffentlichte Schreiben der Staatsanwaltschaft Augsburg vom 23.12.2013 an den Hamburger Rechtsanwalt Dr. Strate, in dem mit Nennung eines Aktenzeichens auf den Fall Partschaladse Bezug genommen wurde. Unterzeichnet wurde es von einer Staatsanwältin Eisenbart als Gruppenleiterin. Ein höchst fragwürdiges Schreiben, denn Strate erklärte der KaPost gegenüber, niemals mit dem Fall Partschaladse befasst gewesen zu sein und dieses Schreiben auch niemals erhalten zu haben. Auf unsere Bitte an die Staatsanwaltschaft Augsburg, wenigstens die Echtheit dieses Schreibens, das in Georgien immerhin den Rücktritt eines Generalstaatsanwalts ausgelöst hatte, zu bestätigen, erhielten wir noch nicht einmal eine Antwort. Auch das eine Frage des Personenschutzes?

Nähere Aufklärung bekamen wir dann vom Hamburger Anwalt, der bestätigte, von besagter Augsburger Staatsanwältin tatsächlich ein Schreiben bekommen zu haben und zwar am 26. Februar 2013 und in einem völlig anderen Justiz-Krimi. Dieses Schreiben habe er auf seinem umfangreichen Internet-Blog zu diesem Fall veröffentlicht, wo es die Fälscher in der Sache Partschaladse wohl gefunden und dann für ihre Zwecke verändert haben. Sie brauchten anscheinend nur den offiziellen Briefkopf der Staatsanwaltschaft Augsburg für ihr Vorhaben.

Bei dem anderen Justiz-Krimi handelt es sich den Fall Gustl Mollath, der aufgrund eines Fehlurteils sieben Jahre zu Unrecht in der Justiz-Psychiatrie eingesessen hatte. Strate hatte im August 2013 in einem Wiederaufnahmeverfahren die Freilassung seines mittlerweile prominenten Häftlings erreicht. Bei den in seinem Blog veröffentlichten Original eines Briefes der Augsburger Staatsanwaltschaft handelt es sich im die Ankündigung der Einstellung einer staatsanwaltlichen Untersuchung gegen Richter und psychiatrische Gutachter im Fall Mollath. Strate hatte diese wegen schwerer Freiheitsberaubung angezeigt.

Auch die Kollegen der Augsburger Allgemeinen sind bei Ihren Recherchen nicht sehr weit gekommen. Die KaPost hatte sie mit der Bitte um kollegiale Recherchen-Hilfe auf den Fall aufmerksam gemacht. Das abschließende Urteil des Augsburger Kollegen zu dem Fall: „Ich habe selbst bei politisch heiklen Themen wie den Gerichtsverfahren gegen Waffenlobbyist Schreiber oder Politikersohn Max Strauß nicht so ein Mauern in den Justizbehörden erlebt.“ Ob das nur damit zu tun hat, wie der bayerische Kollege vermutete, dass die Augsburger Justizbehörden im Ausland als besonders korrekt gelten möchten?

Der Originalbrief der Augsburger Staatsanwaltschaft an den Hamburger Rechtanwalt Strate (links) und die Fälschung in georgischen Netzwerken (rechts):