Während die Welt noch gespannt auf die ersten Wahlergebnisse aus den USA wartete, kam heute Nacht um 0:35 Uhr eine Nachricht aus Georgien über Twitter, getweetet von einem georgischen Menschenrechtsaktivisten: „Bacho Achalaia arrested“. Bis zu diesem Zeitpunkt war nur bekannt, dass der frühere Verteidigungs- und spätere Innenminister gestern Abend zu einer „Zeugenvernehmung“ vorgeladen worden war. Achalaia war einer der Minister der Ära Saakaschwili, der kurz nach der Wahlniederlage das Land verlassen hatte, vor wenigen Tagen aber zurückkam, um sich „allen Fragen zu stellen“, wie er sagte. Die Ladung vor den Staatsanwalt folgte auf dem Fuße.
Achalaia und zwei hohen Militärs wird vorgeworfen, während seiner Amtszeit als Verteidigungsminister mehrere Soldaten misshandelt zu haben. Die Aussagen der Zeugen, mit denen die Beschuldigten konfrontiert wurden, sollen von der Staatsanwaltschaft heute noch veröffentlicht werden, zu groß sei das öffentliche Interesse an dem Fall.
Achalaia war vor seiner Zeit als Verteidigungsminister Minister für Strafvollzug. Auch aus dieser Zeit werden in georgischen Medien und von Vertretern der Zivilgesellschaft schwere Vorwürfe gegen ihn erhoben. Kurz vor den Wahlen, als Saakaschwili den damaligen Innenminister Wano Merabischwili zum Ministerpräsidenten ernannt hatte, wurde Achalaia Innenminister, dann aber auf öffentlichen Druck von Saakaschwili entlassen, als die Videos von Misshandlungen in georgischen Gefängnissen publik wurden.
Allein für den Misshandlungsfall in der Armee muss Achalaia nach Aussage des Generalstaatsanwalts mit einer Haftstrafe von fünf bis acht Jahren rechnen, sollte er schuldig gesprochen werden.
Die Oppositionspartei UNM (United National Movement) sprach sofort von politischer Justiz und verlangte die Freilassung der Inhaftierten. Ministerpräsident Bidsina Iwanischwili betonte dagegen, dass es Sache der Justiz sei, Rechtsverletzungen nachzugehen und verneinte jeden politischen Einfluss.
Pikanterie in der politischen Aufarbeitung des Falles: Einer der Verteidiger Achalaias, David Dekanoidse, ist aktives Mitglied der Regierungspartei Georgischer Traum, was ihn aber nicht daran hindere, Mitglieder anderer Parteien zu verteidigen. Vielleicht doch endlich normaler Justizalltag in Georgien?