RAINwurf aktuell – die monatliche Satire in der KaPost

„Du glückliches Georgien – Lass Dich beschenken!“ Ein Ausruf, der jeder Georgierin und jedem Georgier mit lautem Frohlocken über die Lippen gehen müsste, wenn er sich die jüngste Verkündigungen vom Berge hoch über der Stadt auf der Zunge zergehen lässt: Tiflis bekommt einen Zentral-Park, ein 36 Hektar großes Freizeitgelände. Es handelt sich im das ehemalige Hippodrom im Stadtteil Saburtalo. Premierminister Giorgi Gakharia höchstpersönlich überbrachte dem Tifliser Oberbürgermeister Kacha Kaldadse diese frohe Botschaft und bedankte sich bei dem edlen Spender für diese großherzige Wohltat. Bei dem Spender handelt es sich um eine einschlägig bekannte Stiftung einer ebenso einschlägig bekannten Bank, die einem noch einschlägig bekannteren Politiker und Parteichef gehört. Dass dies alles – vor alle der Termin der Verkündigung dieser frohen Botschaft – irgendetwas mit dem bevorstehenden Wahltermin am 31. Oktober zu tun haben könnte, ist natürlich nichts anderes als eine üble Nachrede, eine der übelsten Art. Ein echter Wohltäter hat keine Hintergedanken. Immerhin soll es ja zwei Jahre dauern, bis das Projekt realisiert werden wird und die Bevölkerung den Gewinn an Lebensqualität von dieser Wohltat erkennen kann. Welcher Politiker kann sich heutzutage leisten, in solch langfristigen Zeiträumen zu denken? Und wer weiß, wie viel Wasser bis dahin noch die Kura hinunter geflossen sein wird? Und wer weiß schließlich, ob die Stiftung des edlen Spenders es dann noch mit derselben Regierung samt politischem Lenkungsteam im Hintergrund zu tun haben wird, dass sie ihr weiteres Versprechen auch einhalten muss, nämlich die Investition für den neuen Superpark von 15 bis 20 Millionen Dollar. Denn dem Steuerzahler sollen natürlich keine direkten Kosten für diese künftige Oase entstehen, die allerdings seit Jahrzehnten schon nichts anderes ist als eine grüne Lunge in der Stadt, ein Naherholungsgebiet, das die Stadtoberen aus weiten Teilen dieser Welt nur hat vor Neid erblassen lassen. Warum dieses ökologisch wertvolle Areal jetzt umgepflügt werden muss, lässt sich nur schwer erklären, es sei denn, man zieht erneut den bevorstehenden Wahltermin zur Hilfe. Aber das ist ja nichts anderes als üble Nachrede.

Was soll da nicht alles entstehen, in diesem neuen Besucher-Mega-Magnet der georgischen Hauptstadt: ein japanischer Garten und ein französischer; ein künstlicher See; Sportanlagen wie Skate-Park, Streetball, Kletterfelsen und Fahrradkurse;  ein Amphitheater; ein Botanischer Garten und Hunde-Auslauf-Flächen; Kinderspielplätze und Gastronomie. Und noch besonders ausgewiesene Öko-Zonen. Die bisherige grüne Lunge der Stadt soll einfach ökologisch noch viel wertvoller werden, als sie es jetzt schon ist. Natürlich wird es auch genügend Parkflächen geben –  Flächen zum Parken von Autos -, denn immerhin soll der Park pro Tag 11.000 Besucher aufnehmen können, in Worten: Elftausend. Und die müssen irgendwo auch parken können im Park.

Neben allgemeinem Frohlocken und den Pflicht gemäßen Dankes-Chören vergisst die derzeit herrschende politischen Elite natürlich nicht, auf die bisherigen Wohltaten ihres „Mannes vom Berge“ hinzuweisen: Panorama-Hill mit Seilbahn-Anschluss ans Stadtzentrum von Tiflis, Black-Sea-Arena und neues Fußball-Stadion von Batumi, Riesen-Universität von Kutaissi, Schwarzmeer-Erholungspark Shekvetili und Kurort Sairme, Sanierungsfall Tskaltubo. Alles Projekte, die das Land vorangebracht haben und das in Riesen-Dinosaurier-Schritten. Glücklich das Land und die Regierung, die einen solchen Wohltäter im Rücken haben. Wem allerdings die Folgekosten für den Betrieb und die Unterhaltung der meisten dieser Anlagen aufgebürdet werden, wird im allgemeinen Frohlocken und Halleluja-Singen selten erwähnt, getreu dem altbekannten Motto: „Einem geschenkten Gaul schaut man nichts ins Maul.“ Übrigens: Das Symbol dieses Riesen-Geschenkes Zentral-Park soll nach Aussage des Tifliser Stadtoberhauptes ein galoppierendes Pferd sein…