Richtfest bei der „Schweizerischen Agraschule Kaukasus“ in Sarkineti
Eine besondere Art von Richtfest, verbunden mit einer umfangreichen Informationsveranstaltung, fand im September in der Ortschaft Sarkineti bei Dmanissi statt. Es handelt sich um das Projekt einer Berufsschule für Käsereiwirtschaft, kombiniert mit einer hochmodernen Käsefabrikation und einer Musterfarm für Milchkühe. Der Rohbau des Schulgebäudes steht bereits, schon im nächsten Jahr soll das Musterprojekt eingeweiht werden. Es wäre dann, nach unzähligen, Millionen-schweren internationalen Anläufen, in Georgien auf dem Sektor praktische Berufsausbildung etwas zu bewegen, wohl das erste Erfolgserlebnis in diesem Bereich der Ausbildung.
An dem Projekt sind vor allem mehrere private Organisationen aus Georgien und der Schweiz beteiligt. Zunächst die „Georgische Vereinigung für praktische Berufsausbildung und Erziehung – AED“ als Inhaber und Projektträger. Gefördert wird das Vorhaben von einem Trägerverein, der eigens für diese Schule gegründet wurde, und vom Schweizerischen Südkaukasus-Fond, einem Ableger der Gebert-Rüf-Stiftung in Basel. Diese Stiftung geht zurück auf den Firmengründer des weltweit tätigen Unternehmens Geberit und unterstützt jährlich mit einigen Millionen Schweizer Franken Forschungs- und Ausbildungsprojekte in der Schweiz, aber auch im Kaukasus.
Auf georgischer Seite steht hinter dem Projekt der Unternehmer Micho Swimonischwili, zu dessen Unternehmensgruppe die Getränkemarken Nabeghlavi und Rauch-Fruchtsäfte gehören, aber auch ein Milchviehbetrieb in Teleti bei Tiflis, eine große Gemüse-Farm in Gardabani und die Konservenfabrik Marneuli. Bei der Präsentation begründete Micho Swimonischwili sein besonderes Engagement für die praktische Berufsausbildung mit seinem eigenen Werdegang. In den 90-er Jahren absolvierte er nach seinem georgischen Schulabschluss zunächst eine dreijährige praktische Berufsausbildung zum „Groß- und Einzelhandelskaufmann“ in Deutschland, damals vermutlich der einzige junge Georgier, dem eine solche Ausbildung zuteil wurde. Nach dieser Ausbildung in Deutschland ging er in die Schweiz, wo er sich unter anderen auch in der renommierten landwirtschaftlichen Berufsschule „Plantahof“ fortbilden konnte. Ein Grund dafür, dass der Plantahof heute in einer Kooperation mit der künftigen Käserei-Berufsschule in Georgien sein ganzes Know-How einbringt und die fachliche Führung der Schule verantwortet, unter anderem mit der Ausbildung des Lehrkörpers. Mehr noch: Der Plantahof bietet Absolventen der georgischen Schule Praktika in der Schweiz an und berät diese später auch in der Gründung und Führung von eigenen Betrieben in Georgien. Damit soll den Absolventen der Schule auch eine spätere unternehmerische Perspektive geboten werden. Ein Konzept, das in der englisch-sprachigen Broschüre der Schule als „Game changer for Georgia“ bezeichnet wird. Ein Konzept also, das diesen Bereich der Agrarwirtschaft von Grund auf verändern wird, sowohl was Binnenmarkt als auch den Export angeht.
Das Schweizerische Engagement in der
georgischen Milchwirtschaft hat Tradition. Im Jahr 1862 wurden in der Schweiz
erstmals Käserei-Spezialisten für Georgien angeworben, mit Erfolg. Denn zu
Beginn des 20. Jahrhunderts gehörten von 57 damals existierenden Käsereien
immerhin 33 Inhabern schweizerischer Nationalität, die meisten in der Umgebung
von Dmanissi. Auch der Gründer der Kaukasischen Post, der deutsche Baron von
Kutzschenbach, war in dieser Branche aktiv, unter anderem als Importeur und
Züchter von Schweizerischen Hochleistungsrindern.
Die Ausbildung in der künftigen Fachschule soll zweieinhalb bis drei Jahre
dauern und neben theoretischem Unterricht auch die Praxis in Viehwirtschaft und
Käserei beinhalten. Da die Produkte – unter anderen auch Käsesorten, die in
einem eigenen Reifekeller gelagert werden – selbst vermarktet werden, können
die Absolventen Erfahrungen sammeln von der Milcherzeugung bis hin zum
Verbraucher, unerlässlich für eine spätere Unternehmer-Generation mit der
Aussicht auf nachhaltigen Erfolg. Die Kapazität der Käse-Produktion soll zwei
Tonnen am Tag betragen, die Milch kommt von der eigenen Musterfarm, aber auch
von den Landwirten der Umgebung, die damit ebenfalls einen erheblichen Nutzen
von dieser Einrichtung haben werden. Jährlich kann die Schule in ihrem eigenen
Internat zehn bis 15 Studierende aufnehmen, im Endausbau dann bis zu 45
Auszubildende.
Bei der Präsentation des Projektes waren neben vielen Ehrengästen aus der Schweiz, dem schweizerischen Botschafter in Georgien, Patric Franzen auch Vertreter der georgischen Regierung anwesend, die Ministerien für Bildung, für Umweltschutz und Landwirtschaft und das für Wirtschaft und nachhaltige Entwicklung. Alle drei sind auf georgischer Seite Partner des Projektes und zeigten sich äußerst interessiert an dieser georgisch-schweizerischen Privat-Initiative.