Zurück im alten Amt: Bidsina Giorgobiani

Von der Interpol-Fahndungsliste in die Staatliche Forstagentur

Bidsina Giorgobiani ist wieder auf der Position angekommen, die er von  April 2004 bis März 2005 schon einmal inne hatte: Leiter der Staatlichen Forstagentur Georgiens. Weil er sich damals vehement gegen illegale Holzexporte im Umfeld höchster Regierungskreise zur Wehr setzte, kam er dermaßen unter Druck einschlägig bekannter Staatsorgane, dass er Hals über Kopf das Land verlassen musste. Mit konstruierten Vorwürfen wurde er in Abwesenheit zu sechs Jahren Haft verurteilt und fand sich plötzlich auf der Liste von Interpol wieder. In Deutschland machte er seinen Doktor in Ressourcen-Ökonomie und arbeitete in verschiedenen Institutionen, u.a. der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft. Nach dem Regierungswechsel vom vergangenen Oktober wurde das Urteil gegen ihn annulliert und der Interpol-Eintrag gelöscht. Bidzina Giorgobiani erhielt seine vollen Bürgerrechte Georgiens zurück, obwohl er mittlerweile auch die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt. Jetzt als ist er wieder zurück in seiner Heimat und wieder verantwortlich für den Aufbau einer nachhaltigen Forstwirtschaft.

„Ich fange hier bei Null an.“ Für die rund 1,8 Millionen Hektar Waldflächen im Land gibt es nämlich weder eine vernünftige Gesetzgebung noch eine wirtschaftliche Strategie. Mit einer einzigen Ausnahme: Rund 177.000 Hektar bester Waldflächen wurden in den letzten Jahren über langjährige Lizenzverträge vornehmlich an chinesische Firmen zur Nutzung abgetreten. „Die Lizenzflächen sind jeder Kontrolle durch die georgische Forstverwaltung entzogen. Die meist ausländischen Lizenznehmer haben völlige Handlungsfreiheit im georgischen Wald.“ Es gibt für sie keine Einschlagsquote, keine Verpflichtung auf nachhaltige Nutzung des Waldes. Der neue Forstchef im Lande befürchtet daher nur eines: Kahlschlag total. Denn die Nachfrage nach Holz ist in den Nachbarländern Türkei, Armenien, Aserbaidschan, Iran, Saudi-Arabien, aber auch in Europa immens. „Da wir nicht kontrollieren dürfen, wie viel Holz eingeschlagen wird, können wir nicht einmal prüfen, ob die Lizenznehmer ihre finanziellen Verpflichtungen dem Staat gegenüber erfüllen.“ Bidzina Giorgobiani steht damit vor einer ähnlichen Situation wie vor zehn Jahren nur mit dem kleinen Unterschied: Über Lizenzverträge hat der Staat den Raubbau am georgischen Wald legalisiert.

Bis September will Bidsina Giorgobiani dem Parlament ein umfassendes Forstgesetz zur Beratung vorlegen, dazu eine staatliche Forststrategie, die zumindest für die restlichen Waldflächen eine nachhaltige Bewirtschaftung garantieren. Denn im georgischen Forst, der größten Waldfläche im Südkaukasus, steckt zweifelsohne ein enormes Wirtschaftspotential für das Land. Große Hilfe erwartet er dabei von der Bundesrepublik Deutschland, an deren Gesetzen und Praktiken er sich orientieren möchte. Die Hilfe ist bereits zugesagt und funktioniert. In der georgischen Forstverwaltung und -ausbildung arbeiten mehrere deutsche Experten als Berater, finanziert durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ).

Um erst einmal den Nachfragedruck nach georgischem Holz aus den Nachbarländern zu mindern und damit das Tempo der Abholzung zu bremsen, will Bidsina Giorgobiani eine Internationale Holzbörse in Georgien einrichten, wie er sie aus Hamburg oder Hessen kennt. Exporteure aus Russland, der Ukraine oder Weißrussland etwa sollen über eine Datenbank Informationen über den Holzbedarf der georgischen Nachbarn erhalten und sich in diesem Markt stärker engagieren. Denn bis die lizenzfreien Forstflächen erst einmal Holz in wettbewerbsfähige Qualitäten und Quantitäten liefern können, wird es noch Jahre, wenn nicht Jahrzehnte dauern. Eine vernünftige Gesetzgebung allein reicht nicht aus, die staatliche Forstverwaltung muss auf allen Ebenen neu organisiert werden. Und dann wartet noch das große Problem der Rekrutierung und Ausbildung neuer Förster und Waldarbeiter. Nach 20 Jahren konzeptionslosem Raubbau ist der georgische Forst ein Sanierungsfall der ganz besonderen Art.